Wie Zirkuspädagogik Kinder stark macht – und unterstützt werden kann
Jeder kann was! Und wer viel übt, kann immer besser werden: Das sind nur zwei der Grundsätze der Zirkuspädagogik. Wir haben sechs für Sie gefunden! Der Zirkus als Lernort – Sie lernen in diesem Artikel, warum wir bei CABUWAZI in Berlin und einem Humansponsoring-Fahrzeug gelandet sind, welche Wirkung vor allem Kinder- und Jugendzirkusse haben und wie alles begann – nämlich auf der Straße.
Zirkus verbindet, egal, welche Sprache man spricht und woher man kommt. Teil der CABUWAZI-Mission – so nennt sich der Zirkus, den Pro Humanis im Rahmen eines Humansponsoring-Projekts besucht – ist der Austausch von Kulturen, Einstellungen und Erfahrungen. Flávia Mattioli von der Standortleitung CABUWAZI Treptow berichtet uns im Video-Interview von dem modernen Zirkuskonzept mit verschiedenen Disziplinen von Hula-Hoop und Jonglage bis zu Theater, Musik und Tanz. „Wir wollen uns pädagogisch immer wieder erneuern, alt und neu miteinander verbinden. Wenn Menschen verschiedener Herkunft und Perspektiven zusammenkommen, ist das sehr schön, aber auch herausfordernd.“
Ein magischer Ort
Anlass für das Interview war der Toyota Proace City, den die Pro Humanis GmbH über ihr Humansponsoring-Konzept frei von Anschaffungskosten zur Verfügung gestellt hat. „Priorität hat unsere Jugendarbeit“, erklärt uns Flávia Mattioli, „für ein Auto fehlt uns das Geld.“ Das Sponsoring-Fahrzeug erleichtert den bunten Zirkusalltag. Einkaufen oder Requisiten etwa für Sommercamps oder mobile Aktivitäten transportieren stehen ganz oben auf der Liste für die Nutzung des Autos. „Wir freuen uns immer über Kooperationen“, erklärt uns die Standortleiterin. „Wir müssen uns hier immer vernetzen, sonst funktioniert es nicht. Und wir freuen uns, dass Pro Humanis jetzt Teil unseres magischen Ortes ist.“
Tatatataa – CABUWAZI. Und der neue Toyota Proace City!
Bei CABUWAZI können sich Kinder ab etwa vier Jahren bis ins Erwachsenenalter ausprobieren, denn die Zirkusvielfalt bietet für jeden etwas. Den sozialpädagogischen Ansatz verfolgt der 1994 gegründete „Chaotisch bunte Wanderzirkus“ mit verschiedenen Standorten in Berlin. Gestartet als kleines Projekt hat er sich zu einer der größten und bekanntesten Zirkusschulen Europas und zu einer festen Größe in der Berliner Kulturlandschaft entwickelt. Neben Integration geht es auch hier darum, Kinder und Jugendliche zu fördern und ihnen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung und neue Perspektiven zu eröffnen. 12.000 Kinder und Jugendliche trainieren dort mittlerweile im Jahr! Und das Sponsoring-Fahrzeug hilft jetzt dabei, dies zu ermöglichen.
Und wie wurde der Kinder- und Jugendzirkus zum Leben erweckt?
Kommen Sie kurz mit ins Jahr 1949, um sich mit dem Zirkuskonzept vertraut zu machen. Graue enge Gassen. Triste Arbeiterviertel. Nachkriegszeit. Wir sind ins Amsterdamer Viertel de Pijp. Viele junge Eltern sind vom Zweiten Weltkrieg traumatisiert. Cookkie Mostaard ist ein Straßenkind. Man kann ihn immer draußen antreffen, wo er Unfug treibt und sich mit den Kindern aus der Nachbarschaft streitet – bis er eines Tages in den Zirkus Elleboog eingeladen wird. Hier bei „Tante led“ (so wird Ida Last liebevoll genannt) bekommt er eine Tasse Tee und kann sich unterhalten. Das kannte er so bislang nicht.
Oder Arnold-Jan Scheer. Er ist ein schüchterner Junge. Später sagt er: „Ich bin dort in der Welt meiner Träume gelandet.“ Das Zaubern gibt ihm Selbstvertrauen. Und Janny Feenstra. Sie ist erst drei Jahre alt, als der Zirkus beginnt, ihr Leben zu bestimmen. Die Eltern sind arm. Sie beschreibt ihre Kindheit später als wundervoll und besonders. Diese Geschichten erzählt eine Reportage im niederländischen Fernsehen 2015.
Ein Amsterdamer Zirkuskonzept macht Schule
Mittendrin: Ida Last. Sie gründete den Zirkus Elleboog 1949 in den Überresten des niedergebrannten Paleis voor Volksvlijt („Palast für Volksfleiß“). Er wurde zu einer Art Clubhaus für die Straßenkinder des Viertels. Die Kinder konnten Einradfahren, Seiltanzen, Zaubern oder Clownspielen lernen. Diese großartige Initiative besteht in vielfältigen Varianten bis heute fort. Sie eint das Konzept:
- Es gibt einen geschützten Raum.
- Jeder kann mitmachen. Heute spricht man von: Inklusion.
- Jeder kann sich ausprobieren und durch Training verbessern.
- Es sind weder Vorkenntnisse noch besondere Fähigkeiten notwendig. Jeder kann was – der Zugang ist niedrigschwellig. Und die Vielfalt des Zirkus bietet für jeden etwas: Artistik, Musik, Tanz, Theater, Kostüm- und Bühnenbild, und heutzutage auch Licht- und Tontechnik oder Marketing und Werbung.
- Die Kinder und Jugendlichen lernen nebenbei, wie man im Team arbeitet, warum Disziplin weiterhilft und was es bedeutet, Hindernisse zu überwinden. Heute nennen wir das: soziales Lernen.
- Im Fokus stehen der Spaß an dem, was man tut, das Ausleben von Kreativität und das gemeinsame Erleben. Ohne aufgezwungenen Leistungsdruck. Heute steht das für: Selbstvertrauen vermitteln und die persönliche Entwicklung fördern.
Die Zirkuspädagogik zieht Kreise
Der Zirkus Elleboog wurde zu einem Vorbild für kleinere Projekte in sozialen Einrichtungen, Schulen oder Vereinen und auch für größere quer durch Europa – und auch für CABUWAZI in Berlin!
- 1956 wurde in Spanien ein revolutionäres Zirkusprojekt gegründet, das vielen Kindern geholfen hat, einen neuen Lebensweg einzuschlagen: der Circo de los Muchachos. Zirkus wurde mit sozialem Engagement verbunden.
- Cirque du Monde machte 1995 als Projekt von Cirque du Soleil den Ansatz der Zirkuspädagogik weltweit bekannt. Zirkuskunst verbindet sich mit sozialer Arbeit und richtet sich an benachteiligte Jugendliche. Davon inspiriert werden in Städten wie Montreal, Johannesburg oder Rio de Janeiro Workshops und Trainings angeboten.
- In Deutschland setzt der Circus Roncalli seit 1976 neue Maßstäbe. Der klassische Zirkus mit seinem eher nostalgischen Stil erfährt, dass Zirkus auch Kunst und Kultur ist. Diese Idee ist bis heute prägend für die Zirkuslandschaft und Kinderzirkus erweist sich als ein besonders geeignetes Medium für die kulturelle Bildung.
- In St. Petersburg hilft der russische Zirkus Upsala Straßenkindern seit 2000 dabei, soziale Kompetenzen zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen.
- Das internationale Netzwerk von Zirkusschulen CIRCMUNDO, gegründet 2002, fördert die Entwicklung von Zirkuspädagogik weltweit.
- Der Circus Harmony ist seit 2001 ein integratives Zirkusprojekt in St. Louis, USA. Es bringt Kinder und Jugendliche unterschiedlicher sozialer Schichten zusammen.
Quellen: Andere Tijden, Stadsarchief Amsterdam, Cabuwazi Jubiläumsbroschüre
Applaus für den Zirkus als Lernort, Freizeitgestalter, Gesellschaftsförderer und Kunstform
Vertrauen ist eine der Schlüsselkompetenzen, die für die gesellschaftliche Entwicklung notwendig sind. Beim Zirkusmachen erkennen die Kinder und Jugendlichen weitere: Beharrlichkeit und auch mal Selbstüberwindung, Disziplin und Arbeit im Team, Konzentration, Kreativität und Verlässlichkeit. Auch Geschicklichkeit, Koordination, Kraft und Rhythmusgefühl sind mit von der Partie – und am Ende steht das große gemeinsame Ziel, das belohnt und bestätigt: eine echte Show mit Zuschauern und Applaus!
Wir applaudieren CABUWAZI und sagen herzlichen Glückwunsch zum 30-jähren Jubiläum!
Wir freuen uns, dass wir mit unserem Humansponsoring-Konzept Zirkuspädagogik in dieser Form unterstützen können. Wenn auch Sie Interesse an einer Förderung durch Pro Humanis haben, melden Sie sich gerne!